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Ein Beitrag aus der Praxis des Markenrechts Farbmarken im Getränkemarkt: Was der aktuelle “Spezi-Streit” Unternehmen lehrt

Markenrechte schützen, aber wie weit reicht der Schutz?

Der jüngste Rechtsstreit zwischen der Münchner Brauerei Paulaner und Berentzen um die Gestaltung von Cola-Mix-Flaschen beschäftigt nicht nur Juristen, sondern auch viele Unternehmen im Getränke- und Konsumgütermarkt. Die zentralen Themen: der Schutz von Farbmarken und das Risiko, dass Produktgestaltungen unzulässig an ein geschütztes Erscheinungsbild anknüpfen. Für Geschäftsführungen, Produktentwickler und Marketingverantwortliche stellen sich dabei zentrale Fragen: Was ist beim Design zu beachten? Wie weit reicht der Markenschutz – und was sind die Konsequenzen bei möglichen Verletzungen?

Farbmarke als Herkunftsnachweis – Was ist das?

Eine Farbmarke ist eine eingetragene Marke, die aus einer oder mehreren Farben (ohne Konturen oder Formen) besteht und bestimmten Produkten oder Dienstleistungen zugeordnet ist. Ziel ist, dass der Verbraucher, allein aufgrund der Farbkombination, eine konkrete betriebliche Herkunft erkennt. Gerade bei etablierten Getränkemarken wie „Spezi“ ist die charakteristische Farbgestaltung, oft in Kombination mit bestimmten Formen oder Mustern, zentraler Faktor der Wiedererkennung und damit wertvolles Asset.

Der Fall Paulaner vs. Berentzen: Worum ging es konkret?

Im Mittelpunkt des Streits stand nicht das Getränk als solches, sondern die Aufmachung der Flasche. Paulaner hatte die fünfteilige Wellen-Gestaltung in den Farben Gelb, Orange, Rot, Pink und Lila für sein Produkt „Spezi“ markenrechtlich schützen lassen. Das Landgericht München I entschied (Urt. v. 05.08.2025, Az. 33 O 14496/24), dass die Farb- und Formgestaltung der „Mio Mio Cola+Orange“ Mischung von Berentzen dieser geschützten Marke zu sehr ähnele. Folge: Das betreffende Design darf nicht mehr verwendet werden, andernfalls drohen empfindliche Ordnungsgelder. Zudem wurde Berentzen zur Vernichtung bereits produzierter Flaschen und zum Ersatz möglicher Schäden verpflichtet.

Entscheidend war dabei nicht, ob Verbraucher die Flaschen verwechselten – sondern, ob das Design die Assoziation wecken könne, beide Produkte stammten aus demselben Haus. Insbesondere die Kombination der Wellenform mit den auffällig ähnlichen Farben stufte das Gericht als herkunftshinweisend und somit schutzwürdig ein.

Abgrenzung: Wie viel Eigenständigkeit braucht mein Produktdesign?

Berentzen argumentierte, farbintensive Etiketten seien im Cola Mix Segment üblich, und verwies als Inspirationsquelle auf eine Tapete aus dem ehemaligen Studentenzimmer des heutigen Marketingchefs (oft als 70er Jahre Tapete beschrieben). Das LG München I ließ diese Einlassung unberücksichtigt und stellte auf den herkunftshinweisenden Gesamteindruck der farblich nahezu identischen, geschwungenen Gestaltung ab. Maßgeblich war der Gesamteindruck, den das beanstandete Etikett im Kontext des Marktes vermittelt. Wichtig zu wissen: Ein Schutzrecht wie eine Farbmarke lässt sich weder durch häufiges Vorkommen noch durch prominente Inspirationsquellen aushebeln, solange die spezifische Kombination tatsächlich als Herkunftshinweis verstanden wird.

Der Fall zeigt exemplarisch: Wer als Unternehmen mit auffälligen Designs arbeitet, sollte vor der Markteinführung sorgfältig prüfen, ob ähnliche Farb- oder Gestaltungselemente markenrechtlich geschützt sind – und ob die eigene Gestaltung ausreichend individuell ist. Gerade bei sogenannten kollisionsanfälligen Gestaltungen im Massenmarkt ist besondere Sensibilität geboten.

Berufung: Was passiert jetzt?

Gegen die erstinstanzliche Entscheidung hat Berentzen mittlerweile Berufung eingelegt. Für betroffene Unternehmen bedeutet das: Rechtsklarheit entsteht oft nicht mit dem ersten Urteil. Die Berufung hat aufschiebende Wirkung; bis zur Entscheidung der zweiten Instanz bleibt das ursprüngliche Urteil grundsätzlich nicht (jedenfalls nicht ohne Weiteres) vollstreckbar – ein wichtiger Aspekt für die unternehmerische Planung und Markteinführung umstrittener Produkte.

Praktische Empfehlungen für Unternehmen

  1. Recherche vor Produktstart:  Lassen Sie vor jeder Markteinführung von Getränken oder anderen Konsumgütern systematisch prüfen, ob die geplanten Farbkombinationen, Designs oder Logos markenrechtlichen Schutzrechten Dritter unterliegen. Holen Sie sich hierfür im Zweifel professionelle Hilfe.
  2. Schaffen Sie eigenständige Gestaltung:  Achten Sie bei Farbauswahl und Formgebung darauf, dass Ihr Produkt einen deutlich eigenen Charakter erhält. Schon der „Gesamteindruck“ genügt, um eine Markenverletzung zu bejahen.
  3. Beobachten Sie den Markt aktiv: Überwachen Sie relevante Entwicklungen – sowohl hinsichtlich ähnlicher Designs Ihrer Wettbewerber (um Ihr eigenes Recht zu verteidigen), als auch bezüglich markenrechtlicher Entscheidungen, die Branchenstandards prägen können.
  4. Handeln Sie rechtzeitig: Sollten Sie den Verdacht haben, dass Ihr Produkt gegen Markenrechte verstößt, oder von einer Abmahnung betroffen sein, holen Sie sich frühzeitig anwaltlichen Rat, um finanzielle und imagebezogene Schäden gering zu halten.

Fazit und Handlungsempfehlung

Die aktuelle „Spezi“-Entscheidung macht klar: Farbkombinationen und Design-Elemente sind längst mehr als „nur“ Marketing – sie können entscheidender Gegenstand von Markenrechten sein. Unternehmen, die ihre Produkte erfolgreich am Markt positionieren wollen, sollten Markenschutz und Designentwicklung strategisch zusammen denken und Rechtsrisiken aktiv managen. Sichern Sie Ihr Unternehmen ab, bevor Sie in die kreative Umsetzung und den Vertrieb einsteigen. Die Antwort auf die Frage, wie viel Design-Freiheit noch erlaubt ist, liegt oft im Detail – und entscheidet letztlich nicht nur über Rechtsstreitigkeiten, sondern über Markterfolg oder ‑misserfolg.

Sie haben Fragen zum Thema Markenschutz von Produktdesigns? Sprechen Sie uns an!

Sollten Sie im Hinblick auf diese vorstehenden Ausführungen Fragen haben, melden Sie sich gerne bei Frau Rechtsanwältin Sina Bader über unsere Mitarbeiterin Christina Bur per E‑Mail an  bur@dhk-law.com  oder unter der Telefonnummer 0241 946210.


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
16. September 2025

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