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Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 19.12.2024 – 6 U 19/20 Normaler Verschleiß oder Mangel?

Ein acht Jahre alter Mercedes Benz ML420 CDI mit über 200.000 Kilometern wechselte den Besitzer. Käufer A legte mit dem Wagen noch rund 7.000 Kilometer zurück, bevor das Fahrzeug mit einem Motorschaden stehen blieb: Die Zylinderkopfdichtung war undicht. Für die anfallenden Reparaturkosten wollte er den Verkäufer B in Anspruch nehmen. Doch dieser verweigerte die Zahlung – und es kam zum Rechtsstreit.

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken entschied zugunsten des Verkäufers (Urteil vom 19.12.2024, Az. 6 U 19/20).

Worum es ging

Kernfrage des Verfahrens war, ob bereits bei Übergabe ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB vorgelegen hatte oder ob lediglich von einem normalen Verschleiß bei einem Fahrzeug dieser Alters- und Laufleistungsklasse auszugehen war.

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kam zu dem Ergebnis: Bei einem Gebrauchtwagen mit acht Jahren und mehr als 200.000 km sei eine undichte Zylinderkopfdichtung keine außergewöhnliche Erscheinung, sondern eine typische Abnutzungsfolge.

Das Urteil

Das Gericht stellte klar, dass es sich bei der defekten Zylinderkopfdichtung nicht um einen rechtlich relevanten Mangel handelt. Bei einem acht Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von über 200.000 Kilometern sei es vielmehr normal, dass Bauteile verschleißen und ausfallen. Solche Abnutzungserscheinungen seien beim Gebrauchtwagenkauf hinzunehmen. Ein Sachmangel läge nur dann vor, wenn der tatsächliche Zustand des Fahrzeugs erheblich schlechter wäre, als es nach Alter, Kilometerstand und Fahrzeugtyp üblicherweise zu erwarten ist – etwa bei ungewöhnlich früh auftretenden Defekten oder wenn eine bestimmte Beschaffenheit ausdrücklich zugesichert wurde.

Ebenfalls verneinte das OLG eine Pflicht des Verkäufers, auf die mögliche Undichtigkeit hinzuweisen. Zum einen war der Schaden bei Übergabe nicht erkennbar, zum anderen muss jeder Käufer eines älteren Autos mit hoher Laufleistung damit rechnen, dass einzelne Teile nicht mehr lange halten. Insbesondere bei stark beanspruchten Bauteilen wie Dichtungen, Kupplungen, Bremsen oder Auspuffanlagen ist es aus Sicht des Gerichts selbstverständlich, dass deren Lebensdauer begrenzt ist. Eine besondere Aufklärung durch den Verkäufer ist in solchen Fällen nicht erforderlich.

Da kein Sachmangel vorlag und auch keine Aufklärungspflicht verletzt wurde, bleibt der Käufer auf den Reparaturkosten für die defekte Zylinderkopfdichtung sitzen. Der Verkäufer haftet nicht für den eingetretenen Schaden.

Praxisrelevanz

  • Für Käufer: Wer ein älteres Fahrzeug mit hoher Kilometerleistung erwirbt, muss typische Verschleißschäden einkalkulieren. Eine vorherige Untersuchung durch Fachleute ist empfehlenswert.
  • Für Verkäufer: Auf besondere Mängel muss weiterhin hingewiesen werden. Darüber hinaus besteht jedoch keine Pflicht, über gewöhnlichen Verschleiß aufzuklären.

Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
28. August 2025

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