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Räumungsklage Verlängerung der Räumungsfrist: Pauschaler Verweis auf „angespannten Wohnungsmarkt“ genügt nicht

Welche Anforderungen sind an die Verlängerung einer Räumungsfrist für Mieter zu stellen? Mit dieser Frage hat sich das Landgericht Berlin II befasst.

Gesetzeslage

Nachdem das Mietverhältnis wirksam beendet wurde (beispielsweise durch Kündigung des Vermieters) hat der Mieter die Wohnung grundsätzlich nach § 549 Abs. 1 iVm § 546 Abs. 1 BGB unmittelbar nach Beendigung zurückzugeben. Sollte es zu einem Gerichtsverfahren gekommen sein, kann die Verpflichtung zur Räumung aus dem entsprechenden Urteil vollstreckt werden (§ 704 ZPO). Allerdings sieht § 721 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit vor, dass bei der Vollstreckung der Rückgabepflicht dem Schuldner eine Räumungsfrist gewährt wird. Diese Räumungsfrist kann außerdem nach § 721 Abs. 1 ZPO verlängert werden, sofern dies nach den Umständen angemessen ist.

Was dabei als angemessen gilt, steht im Ermessen des Gerichts. Dabei werden in erster Linie die Interessen des Vermieters und die des Mieters gegeneinander abgewogen. Häufig wird auch die Situation des Wohnungsmarktes in der jeweiligen Gegend berücksichtigt. Deshalb liegt der Schluss nahe, dass in den Großstädten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie Berlin keine all zu hohen Anforderungen an die Gewährung einer großzügigen Räumungsfrist gestellt werden.

Pauschaler Hinweis auf "angespannten Wohnungsmarkt"

Dieser Ansicht war auch das Amtsgericht Berlin-Mitte. Im vorliegenden Sachverhalt war ein Berliner Mieter bereits dazu verurteilt worden, seine Wohnung zu räumen. Nach einigen Monaten beantragte er beim Amtsgericht, die ihm gewährte Räumungsfrist zu verlängern: Trotz großer Anstrengungen habe er bisher keine andere Wohnung gefunden. Der Vermieter bestritt die Angaben. Doch das Amtsgericht verlängerte die Frist und begründete seine Entscheidung mit dem „gerichtsbekannt angespannten“ Berliner Wohnungsmarkt. Außerdem habe der Mieter seine Wohnungssuche mit „Bewerbungsunterlagen“ belegt.

Keine Rechtfertigung für Verlängerung

Der Vermieter legte daraufhin Beschwerde ein und setzte sich beim Landgericht Berlin II durch (67 T 108/23). Das Amtsgericht hätte die Einwände des Vermieters nicht ignorieren dürfen, so das Landgericht. Mieter hätten zwar Anspruch auf Verlängerung einer Räumungsfrist, wenn die Suche nach Ersatzwohnraum innerhalb der Frist trotz ausreichender Bemühungen erfolglos bleibe.

Doch im konkreten Fall habe der Vermieter bestritten, dass die Bedingungen für eine Verlängerung vorlagen. Daher hätte das Amtsgericht klären müssen, ob es für den Mieter bis zum Ende der Frist wirklich unmöglich war, eine andere Wohnung anzumieten. Mit einem pauschalen Hinweis auf die „angeblich gerichtsbekannte Lage am Wohnungsmarkt“ könne man die Verlängerung der Räumungsfrist nicht rechtfertigen.

Auch mit dem Verweis auf „Bewerbungsunterlagen“ habe es sich das Amtsgericht zu einfach gemacht. Denn: Ob sich der Mieter tatsächlich „intensiv, aber erfolglos“ um eine Ersatzwohnung bemüht habe, sei dem Bewerbungsschreiben allein nicht zu entnehmen. Um eine ernsthafte Wohnungssuche zu belegen, müsse der Mieter schon Antwortschreiben bzw. Absagen von Maklern oder Vermietern vorlegen.

Fazit

Ein pauschaler Hinweis auf einen "angespannten Wohnungsmarkt" sowie die Vorlage von Bewerbungsunterlagen genügen demnach nicht, um die Räumungsfrist zu verlängern. Um seiner Beweislast nachzukommen, muss der Schuldner viel mehr substantiiert darlegen, dass es ihm im konkreten Einzelfall trotz ernsthafter Bemühungen unmöglich sei, eine neue Wohnung zu finden.

Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 17.02.2024 – 67 T 108/23


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
17. April 2024

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